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2010-11-26

piratepadgedanken - ein online palimpsest

neulich (nächtlich) auf piratepad...

"Welcome to PiratePad! / This pad text is synchronized as you type, so that everyone viewing this page sees the same text. This allows you to collaborate seamlessly on documents!"
And this pad text has already been written on safe (openoffice)homeland soil.
It's just been inserted.
Because I can.


t a s t s... - oha! die doppelbedeutung! tatsächlich. synchronschreiben:
zeig mir wie du tippst und ich sag dir was du denkst.

oh du schönes palimpsest. das literaturwissenschaftsglück über die beiden werther fassungen. die freude über durchgestrichene schnitzler worte von generationen von nachlassforscherInnen. editionseuphorie. spreading the joy since moses and his gesetzestafeln. du lässt über schultern direkt in den kopf blicken.

palimpsest ist das wort das trifft. aber ein palimpsest bloß auf unserer netzhaut. nur für augen die daran heften bleiben (bis man den timelinebutton entdeckt. dann nämlich auf ewig). jedenfalls: ein online palimpsest in echtzeit.

ich sehe, was du autorIn denkend tippst. tippend denkst. was du löschst. bis du es gelöscht hast. ich sehe deine prozesshafte gedankengenese. ich sehe sie deutlicher als du, weil ich mich ganz auf die choreographie deines schreibens und löschens und schreibens und löschens konzentriere. buchstabentanz. das fühlt sich verrückt direkt an. ich finde mich mitten in deinem sprachzentrum wieder.

dabei wird schriftlichkeit nicht mündlicher - die hybridität berührt eine andere sphäre: schriftlichkeit wird gedanklicher. ich sehe, was du löschst und kann überlegen wieso. ich sehe, dass du über dieses eine wort nachdenkst. ich sehe, was du trotzdem wieder genauso tippst. ein zweites mal. ein drittes mal. verschiebst. wo du absetzt um gedanken zu ordnen. verschriftlichte zeitlichkeit und verzeitlichte schriftlichkeit lassen mich dein textgefühl nachempfinden.
zeig mir woran du feilst und ich verstehe besser was du sagen willst.

schreiben ist arbeit. die bilder im kopf finden, selbst verstehen lernen, auswringen bis zum klaren restbestand (der feuchte fetzen wird schneller wieder nass!) und dann erst recht wieder das handtuch werfen. tabula rasa per delete taste und noch einmal.
besonders deutlich wieder dank piratepad.

ja, du autorIn übersiehst über all deinen ideen und konstruktionsgedanken die historiographie deines texts. wo er schon war, welche anderen texte er war, sein hätte können. du siehst nicht so bewusst wie ich, wie sich deine buchstabenschlange fortbewegt, an wände stößt, magisch an anderen stellen neuauftaucht und sich immer wieder selbst auffrisst.

und das ist gut so.
sonst würde dir auch schwindlig.

but i can. und das begeistert nachhaltig für das phänomen text.

ja und als ende? ende ist
kein ende. der text schreibt sich fort.

und wie das alles mit der chatfensterkolonne rechts daneben zum metainterhypersupertext wird, mit kristeva, steinwachs und dem barock zu tun hat und wieso wir uns überhaupt gedanken machen, lesen sie in der nächsten ausgabe.

2010-06-11

nicht literatur. genderdisku[r]swerfen einer po[e]s[i]e

[fleischbeschauberichterstattung mit un- und durchfall und getuschten back- and forthlashes]

[posen-onomatopo[e]s[i]e: heidis surround sound küsschen - mpfoah mpfoah]
["jetzt könnt ihr noch 20 sekunden spaß haben"]

folgendes.
wenn wir uns heute nicht verzappen, laufen sie in köln. 3 models für 50.000 nichtmodels im tschömany finale in köln. auf anderem kanal andere für 30.000 andere bei der wm eröffnung in soweto.

genderdiskursforschung treubleibend beginnen wir bei den weiblichkeitsausverhandlungen.
anstoß.
heidi wird angekündigt als deutschlands
erfolgreichster -
schönster -
fröhlichster -
[put a ring on it] -
EXPORTARTIKEL
!!!!
TOR! 1:0 für otto weininger, wunderschön, wie das hier schon beginnt.
[und in sachen IT-girl semantik erschließt sich ein völlig neues feld]

zu baby get shaky after school ooh ooh there you ooh there you baby go crazy break the rules ooh ooh there you ooh there you go go go go go go ooh there you go dackelt heidi mit pudelfrisur übers feld, jodelt superfröhlich nach links und rechts, und erinnert im stehen dann doch frisurentechnisch an alice schwarzer.
wie verhalten wir uns dazu? die schiedsrichterin reagiert humorlos, sieht rot und gibt gelb.

nächste chance: jorge "laufstegtrainer" genderfuck. oder vor palatalem frikativtraining [chhhhhhhchhhhhhchhhhhhh]: "horhe highheels".
vorwärts rückwärts seitwärts hüpft tänzelt stackst quicksteppt phallusträger langhaar auf stöckelschuhen nun wie ein silberfischch[chhhhchhhchhh]en aufs feld.
... heimlich gelüstet es allen nach fallen ...
und dann - gerade als die kamera sensationslüstern auf seine hacken zoomt - fällt der laufstegtrainer tatsächlich aufs feld. zweimal. oi. der vorfall wird nicht weiter kommentiert, aber wir haben alle vor glück in unsere jogginghosen ejakuliert. erstens reimt sich das, zweitens ist es deshalb wahr, und drittens ist jetzt die frau im mann zu boden gegangen.
also TOR eigentlich. 2:0 für eva her[r]man[n].

nach 15 min damit die erste unterbrechung. 10 min knöchel verarzten, chips auffüllen, fernseher verschrotten. das gibt eine saftige nachspielzeit.

also nach südafrika in ein anderes stadion gezapped. selbe euphorie, besserer ton. gerade wird gutmenschentum zelebriert. education beats poverty. education for all. also zeit um über bildungsaufträge und fernsehformate nachzudenken. gottseidank röhrt fergie rechtzeitig ins mikro. where is the lah the lah the lah. erschreckend ungeil. also: back-zap.

dort gerade interviewte mas[sen]turbation: die drei models bleiben aussagefern, streicheln ausschließlich die bäuche der zuseher - "ihr seid so toll leute", "das liegt wohl am publikum". so macht sich auch bei mir das wohlige gefühl von bedeutsamkeit breit - "woohoo" ich bin dabei!
und doppelt zufrieden klopfe ich mir auf die schulter als mir der überkritische postpostpraefeministische gehalt dieses livetickers bewusst wird. was für ein spiel. nach einer vollen dröhnung clever stracciatella bedeutet das irgendwie TOR für mich. 2:1 mittels zwittriger blog-posen. die hoffnung lebt -

- und ist ganz schnell wieder ganz tot. monrose treten in der westlichen burka version auf: weißer ganzkörperanzug nur um den busen ausgeschnitten und genau dort schwarz eingerahmt. TOR TOR TOR. 5:1 für lena meyer-landruth und katy perry und freddy nietzsche. davor dazwischen und danach der noch niemals glaubwürdige heidislogan "und habt spaaaaaaaaaß".

[kritischer reality tv exkurs]
und während eine schärdinger diätkäse werbung eingeblendet wird, rührt sich der clever gouda in meinem darm und der liveticker muss erstmals in seiner geschichte unterbrochen werden. es geht nicht mehr. durchfall. intellektuell und wirklich.
[/kritischer reality tv exkurs]

ich hatte also spaß; zurück am fernsehgerät sagt heidi BLEIBEN SIE DRAN BIS GLEICH. ey. wir bleiben DIE GANZE ZEIT DRAN EY.
zap.
irgendjemand singt schon wieder und einmal ist der pariasek still. einmal einmal. toll.
zap.
zap.
zap.
zap.
zap.

... und nach gefühlten und manifesten stunden stehen heidi und die zwei restmodels vor dem sich orakelhaft aufbauenden cosmopolitan cover. WER wird germanys next topmodel? WER ist sie? WER WER WER?
--- heidi beschwört die lcd wand.

... WIR sind HEIDI!
ÖSTERREICH IST TSCHÖMANY'S NEXT TOPMODEL!
pluralis maiestatis und cordoba am laufsteg in einem.
kann das die bildzeitung bitte jetzt kommentieren? headlinermäßig? danke.

danach immer keine worte sondern viel glitzerkonfetti.

und hier fühlt sich das jetzt eigentlich doch wie ein 6:1 an. für heidi nämlich. denn jetzt hatte ich mich doch kurz gefreut. ups.

habt ihr alle spaß gehabt?
ja, 20 sekunden.

nachtrag: zu heidi als exportartikel ein eben gefundener spiegel artikel von 2008: "weltmeister deutschland. die globale schönheitskönigin."

2009-08-14

nicht literatur. fußballberichterstattung einer la(izist)in

[über laizismus, laientum und fußbla: laie-ve]
[auf der suche nach z-art-h-art-ART-gerechter literatur]

es schaut so aus.
wir spielen in österreich. rotweiße trikots. elf spieler. die gegnermannschaft ebenso. ort und spieleranzahl unverändert. gute voraussetzungen. trikots türkisweiß. außerdem: zu viel rot wäre orientierungs- und zuordnungstechnisch problematisch. und aggressorisch.
so schauts aus.

vorspiel: die erste chance für österreich - kopf oder zahl. na geh, ivanschitz verliert. symbolisches 1:0 für die türkei.

aber: schön schauma aus.
faymann sagt: wir sind guten willens. alles schaut sehr gut aus, wir spielen sympathisch. die meisten sind in bewegung, das lässt hoffen. ich mache mein erstes bier auf. 1:0 für mich.
schön schön.

und ganz auf einmal. tatsächliches 1:0 für uns. uns, also wir, sind immer mindestens ich und mein bier (und hemdsärmeliger adornoscher patriotismus). in wirklichkeit steht das 1 anlässlich so eines jungspunds. aber insgesamt auch sehr sympathisch, sieht fast unabsichtlich aus. alle freuen sich.
überhaupt der torschütze.

ich und mein bier wir freuen uns auch. der spaß hat großes potential.

weil wir nicht so sind gibts dann einen ausgleich. zu gast bei freunden nämlich. die susi verlässt die viptribüne, die weiß es schon. uuuuuuund noch eins drauf. mit scharf. 2:1 für die türkei. weiters viel freude beim gegner. enttäuschte mienen bei uns und stefan der jetzt doch nicht bzö chef wird.

erste reaktionen in der halbzeit: ja. na gut. aber schön schauma aus.

weiter gehts.
in der pause habe ich privat ein 2:0 gescored. ich fühle mich fit, bin motiviert.
das ist wichtig. und dass wir schön ausschaun beim schaunschaun und seinschaun.
gut.

während die letzten spieler noch einlaufen ist der gegner mit seinem ball schon im tor. ja das 3:1. mein bier und ich können es nicht glauben. die trauerschleifen der österreicher nehmen neue bedeutung an. aber der hansi sagt das ist immer noch taktik. das haben sich alle so ausgemacht.

der moderator atmet ziemlich laut ein.

mir ist ein bisschen traurig zu mute. aber dann denke ich an unsere globalisierte welt und alles wird eher nebensächlich.

und dann liebe mitleserinnen. yes we can sagt oholzl. yes yes yes yes yes. jetzt wirken bier und proletoismus. schalalalalalalalalaaaaaaa. ein zweites tor für den sympathischen jungspund aus tirol. glaub ich.

nein aber doch nicht. mahe. das ist so dumm. ich trau mich nicht ein bier zu holen jetzt haben die gegner wieder ein tor geschossen. es ist ein erneuter triumph des falafels über das schnitzel. essensmetaphorik hilft den schmerz leichter zu ertragen. instrument der distanzierung. ich kann nicht mehr. für alle die nicht wissen was los ist - krapfen:kipferl 2:4.

ja - ich denke man sollte da noch ein bisschen stereotypisieren in der moderation. so ein bisschen auf satire. wenn wir das anders ansehen würden. so als kabarett, so irgendwie, dann würde das die stergrissedorfzuseher auch anregen heute einzuschalten. das wäre für den orf gut. und dann müssten sie nicht starmania aufwärmen. und mein zusehverhalten wäre intellektueller.

hoffer kommt knapp nicht hin. nein hölzl. nein wurscht. keiner kommt knapp nicht hin. niemand kommt hin. noch ein debütant. ja, wir spielen immer noch lieb, alles sieht tatschlich ein bisschen nach der opernballmitternachtsquadrille aus. mein herz.

so auf lange hand gesehen gewinnt meistens ohnehin die mannschaft, die mehr tore schießt, sagt man sich da ganz nüchtern. und doch auch hoffnungsfroh. ja, das ist fußball.

der moderator zieht schon wieder so dumm die luft ein.

soll ich jetzt noch ein bier öffnen? im serlesstrafraum fliegen schon die ersten leeren bierdosen. mein offensivspiel ist trotzdem besser als unseres. wieder patriotischer pluralis maiestatis.

türkischer konter HERST. AUF WAS HINAUS. brauchts net kontern HERST.

jetzt meldet sich meine blase zum corner. was tun. schwierige spielentscheidungen in der 79. minute.

meine berichterstattung wird fahriger. das spiel der österreicher nicht. das ist immer noch sehr sympathisch. schaut auch schön aus das weiß und das rot. überhaupt mit der komplementärfarbe des rasens.

unklar ist wieviel es im freundschaftsspiel serles:bier steht. die mannschaften vermischen sich.

der moderator ist ein hund. hebt grundlos hoffnungsheischend die stimme und lacht dann leise. man hört das sehr gut.

es schaut inzwischen so aus.
zwei minuten nachspielzeit. hillary, stefan und das bier sind moralische sieger. wir eher nicht. die türken sind halt gut. aber dafür können wir gut krapfen backen.

2:4 ist auch ein sehr sympathisches ergebnis. lauter gerade zahlen und vier ist durch zwei teilbar und insofern haben wir alle anteil am sieg. vielleicht muss unsere torwarteleve heute weinen. aber das ist psychohygienisch gesehen gut. schaut auch manchmal ganz schön aus.

gute nacht liebe zuseher ihr lieben. das war die berichterstattung. besser gehts nicht. das wars von mir. in kürze gehts weiter mit dem kasperl.