2012-01-29

don't tell me I'm nuts - grow some (tyler, the creator - goblin)

[leicht gekürzt aber im prinzip so nachzulesen im INDIE, nr. 31]

Kennst du den schon? Kommt ein Steve-Urkel-Verschnitt Jahrgang 1991 mit ADHS, Asthma und 150.000 Twitter Followers daher und sagt: „I'm the hottest nigga right now, like I got niggas on my dick”. Kein Witz. Tyler the Creator ist nicht nur namentlich „hungry for greatness“ und immer noch im Wachstum („I Think I Grew In The Past Couple Months. I Think I'm Officially 6'2. I Hope So Fuck.“), er und das von ihm gegründete Rapper-Skateboarder-Chutzpah-Kollektiv „Odd Future Wolf Gang Kill Them All“ – OFWGKTA – gelten als „the future of HipHop“, sollen N.W.A. und Wu-Tang Clan in Radikalität und Düsterheit ablösen.
But the future is now, ihr voraus geht bereits ein ganzes Lebenswerk an Musik (18 selbstproduzierte Kollaborationen!) und unermüdliche Selbstinszenierungen on- und offline: Ein Rudel von blutjungen Hunden wird da nachgestellt, das die Welt mit ungemeinem Hunger überfällt und destruiert. Beim Stagediving bricht Tyler Arme, Nasen und Schädel, All-Ages-Shows werden zur angekündigten „Living Hell For Any One Over 22 With A Job Who Takes Life Seriously, Simply Because of The Level Of Not Giving A Fuck And Immaturity“. In dieser übersteigerten, auf sich selbst zurückgeworfenen Adoleszenz stilisiert sich Tyler zum Peter Pan, imaginiert Goldilocks-Vergewaltigungen und beschreibt seinen Sound mit „Hitler Fucking Dr. Suess“.
Den „dark shit“ den er dabei herauskotzt, trägt jeder in sich, ausdrücklich wehrt er sich gegen Biographismen in seiner Rezeption: „It’s fucking art, listen to the fucking story.“ Konsequent ist also seine Inszenierung als „fucking walking paradox“ und als Konglomerat multipler Rap Personae wie „Dr. TC“ (Tyler’s Conscience) oder „Wolf Haley“ (the evil white serial killer) im nun ersten kommerziellen Album „Goblin“. OFWGKTA stehen für einen neuen HipHop der Verletzbaren, als zitiertes Rapping for Columbine: Eine Generation tritt an, die mit Waffen in der Hand nicht weiß wohin sie zuerst schießen soll, in der Depression, aufgeschnittenen Pulsadern und Self-Respect im „lost and found“ jedes Horror-Rapecore-Aggressionsmoment umso düsterer erscheinen lassen.

„Goblin“ ist am 10. Mai 2011 auf XL Recordings erschienen.

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