2009-08-14

nicht wien. london 07. ein sommerlebensbericht.

[quintessenz der londoner schriftstücke]
[stimmungsberichte frei von der leber weg]

anreise. tag 1: lasagne aus pappkartons im flugzeug, die victoria line eine stunde northbound nach kingscross, ameisen im po und richtig durst. dann: den tonnenschweren koffer die great percy street hinaufziehen. wirklich great, wirklich steil. und noch mehr durst. schließlich: great percy street 68 aber keiner da außer stillende mütter im hinterhof. kurz geflucht, dann vom garage-guy gegenüber entdeckt worden, den schlüssel auf wundersame art und weise ausgehändigt bekommen.

also. immer noch tag 1: erkundungsreise in ein leeres haus. jedes stockwerk quasi ein zimmer, das treppenhaus kleiner als mein koffer und schließlich in fast schwindeligen höhen meine residenz. nur das badezimmer liegt noch höher. immer noch durst.

tag 1 will never end: meanwhile ist das haus voll geworden. ich begegne einem mädchen das im keller wohnt und nur ein handtuch trägt und einem verwirrten jungen mann der in der klebrigen küche zwiebel anbrät und matt heißt.

doch ende: morgen sage ich dann hallo zu london.

tag 3: had a shower. went out to say hello to london. had a blast just strolling along the river thames. saw the tower bridge, southwark cathedral, borough market, shakespeare's globe theatre, tate modern, millenium bridge, st paul's cathedral, the eiffel tower, taj mahal, chitty chitty bang bang and whatnot.

tag 4: was the day when harry potter and platform 9 3/4, the photographers' gallery and keith arnatt, chinatown and crispy ducks, soho and karl marx with burgers and crepes and camden town and vintage with frappucino and soap bubbles all at once cried for us. gave in to temptation and consumed it all. what a day.

jetzt heißt es warten bis der tee abkühlt.

tage später (ungezählt): yes indeed. starting to actually wholeheartedly love london. marking my territory, sticking posters and flyers to the walls of my room, orientating myself without a map, buying concert tickets, complaining about that nasty tube and eating fish and chips with vinegar and flapjacks. every morning the sun shines onto my face. it's summer in london. finally. on a side note: never forget crispy duck aestheticism in china town & gothic barbie aestheticism in camden town.

doch erst,

wenn man in london frühmorgens um acht mit kurzem kleid und regenschirm im roten doppeldeckerbus munter in richtung office hetzt, auf dem weg einen toasted bagel mit philadelphia bei mcdonalds verzehrt und dann bei all dem schnöden accounting und filing zu mittag noch schnell vom supervisor auf einen starbucks coffee eingeladen wird,

und,

quasi direkt vom bürotisch weg die stöckelschuhe gegen chucks tauscht um im pub nebenan architecture in helsinki zu betanzen,

dann,

ist man wirklich richtig
londonesk.

special feature, tag ungewiss: das 1-2-3-4 festival in shoreditch park im strahlendsten, wärmsten sonnenlicht londons for free. am hellsten nachmittag schwitzte sich die ein oder andere band die new wave outfits nass und nässer oder kochte im zirkuszelt bei 56°c. mit geschmuggeltem bier, noodles aus der box, cadbury eis und geborgtem klopapier ließ es sich für die werten zuseher aber gut leben und es bliebt genügend kraft sich in die erste reihe zu drängen und zu
tanzen
tanzen
tanzen.

in london ist es so: man verpasst kate nash, man verpasst jack penate, man verpasst the runners, aber man sieht an drei abenden cat the dog, the ghost frequency, charlotte hatherley, anna log (+ di gital), noah and the whale, peggy sue and the pirates, florence and the machine, feathers of seduction (good shoes) und the mules. wenn man gute ellbogen hat auch immer aus der ersten reihe. daneben und dazwischen gibt es poetry und trommler und floetenspieler in den ubahnstationen. aber wehe man will zu viel. um punkt zwoelf zaehlt london seine schafe. da kennt man nichts.

(end of name dropping)

besuche: halb eins liverpool street der vorvorletzte stansted express faehrt ein das maedchen mit shorts und kaugummi steht am bahnsteig und wartet die gaenge leeren sich niemand da.
zehn vor eins liverpool street der vorletzte stansted express faehrt ein das maedchen mit shorts und burgerking pommes und cola steht irgendwo zwischen cash maschine und securities und wartet ein tourist der es besser weiss und daher nicht fragen muss tut es trotzdem und fragt sie nach dem naechsten bus nach kings cross sie sagt noch 205 right up the stairs dann bewegt sich ein drehkreuz und der junge fuer den sie vorher noch den kaugummi gekaut hat ist da.
ploetzlich die pommestuete in der hand ihn umarmend moechte sie nicht mehr loslassen.
punkt eins liverpool street doppeldeckerbus oben und ganz vorne spiegeln sie sich mehr im fenster als sie von london sehen koennen.
von diesem moment rast das wochenende an ihnen vorbei.
fast forward werden morgens laut tueren geschlagen, philadelphia bagels auf die nase gesetzt und plaene geschmiedet, irgendwann ist das bad wundersam sauber und der muell entsorgt, aber die mitbewohner sehen sie nie.
london ist eine einzige shoppingstrasse, ein bisschen uebertraegt sich der einkaufsstress auf gemuet und beine. und kurz wuenscht man sich doch wieder fuer sich zu sein. bett und decke sind selbst quer zu klein und einer muss auf tshirts schlafen.
aber dann sind da noch ein kitschig ueberbordender flashback in time in der wallace collection, die rokoko schaukel und freude ueber oudry, hunde im hydepark die weder sticks noch kinder dafuer einander moegen, pseudoromantisches blaulichtboot und guinness vor dem london eye, poetry balladen im luminaire und fosters auf dem randstein einer bus lane, tausend und ein burger gemeinsam hinuntergeschlungen und dann satt und zufrieden, hundert fotos die nur zehn wurden, intuitionsubahnfahren, nachmittagsschlaf im schwulen soho park und eine pubtour die zu frueh endet weil ganz london muede wird.

schlussendlich: nur auf der oxfordstreet erscheint mir london ohne romantik-poetik-literarizitaets-kondom. ueberall sonst werden makel zu schrulligkeiten. schreibstil und -inhalt aller folgenden gedankenverschriftlichungen sind und bleiben wohl also so. deshalb und weil marx in soho und dickens in camden town gelebt hat. haben. gute nacht.

tag in der zukunft: for informational purposes: i am fine. the weather is nice. the music is good. the money is gone. my english has not improved too much yet.

correction: the weather is crappy.

ein tragischer tag im september: no water. no heating. i had a nice dingadong yesterday (kudos to all those lovely brownies) but then – all of a sudden, to my utter surprise and shock – was not able to flush. after i had decided to stand my man and not to hide in my room pretending that it had been matt once again, i poured the remaining drinking water and half a litre of the milk i had just bought into the loo, but wasn’t released. end of the story.
(i finally managed to flush at 1 am though)
(after i had finished reading the last volume of harry potter)
(you could probably say that i also flushed away my childhood that night)
(together with some shit and milk)
(how beautiful is that)

laundry: a bright yellow room, the guardian in my hands, it’s raining cats and dogs outside. afterwards: hanging the damply clothes on a red washing line throughout and across the room. can’t go to the loo anymore because the doorknob is involved as essential support point.

the slamming of doors in the morning and the remaining poo in the loo is about as much as i get to hear and see of my neighbours. bu-ut i got the chance to talk to matt a little bit while i was cooking, which, although i was just boiling water to cook spaghetti [gas stove defloration baby], lasted for one long but quite informative hour. yes, of course, matt’s in a band, and yes of course he earns his living as a booking agent, and yes yes yes of course he knows all the funky places, and all the hip venues and all the not big yet but very soon blowing up bands. how could i have ever doubted it. i ended up with horrible noodles cooked to rags, but also with a whole list of recommendations and a new friend who calls my bathroom in the attic anne frank’s bathroom and said i could always knock at his door again. hell yeah.

revelation day 75432: there must be something in the air or the acid rain in london that about everyone is in a band. it’s only after three weeks that mary and kate have raindrops falling on their heads and singalong-strolls through the night. oh boy mary can sing and kate looks like mary poppins.

und der tee von zu beginn ist seit tagen getrunken.

august der achtundzwanzigste: beim warten auf das crystal castles konzert hätten wir fast dan deacon verpasst. folgendes szenario: die reihen vor der bühne lichten sich, minuten später verwunderung der drei musketiere in der ersten reihe über fernbleiben der menschenmassen, man scherzt noch über rauchpausen, müde engländer oder ein konzert im nebenraum. bingo. wir finden besagten raum und uns am ende rund um dan deacon als wham city chor wieder. die großartigste performance bisher. noch vor crystal castles sind wir nass geschwitzt und überwältigt. gut so, denn der hauptact ist verrückt aber auch kurz.

krank sein in england: der gemeine schnupfen ist dauerzustand. in den bei jeder witterung klimatisierten büroabteilen abgegrenzt durch hüfthohe trennwände verteilen sich die erreger mühelos, die zeit lässt sich in niesern bemessen. da hilft auch der eimerweise konsumierte tee nicht. eventuell wird auch der heimische boiler kaputt und man duscht sich tagelang mit eiswürfelkaltem wasser. wenn nicht von der rax, so aus den tiefsten tiefen des meeres. aber wenn man die augen schließt und wenn man sich ganz fest vorstellt es wäre kochend heißes wasser… nein. der einzige spaß dabei ist das unkontrollierbare stöhnen und aufschreien der mitbewohner. (und der handwerker der wirklich mehr poritze als hose hat und 200 pfund für die diagnose allein verlangt) weiters: die romantisch weiß getünchten schiebefenster sind leider wirklich original viktorianisch und seitdem nicht mehr dicht, es ist ständig feucht und die mode trotzdem sommerlich. blöd eben. und prompt bin ich von schnupfen husten heiserkeit geplagt, lasse mir von mitarbeitern heiße gemüse-scharf-marokkanisch-bohnen-hühnerbrühen-suppen und tee machen und krieche freitag nachmittags demütig einige stunden früher als sonst nach hause und mit zwei pullovern übereinander ins bett. von dort aus wird dann mighty boosh geschaut und kartoffelmash gegessen. ich verdanke es nicht zuletzt der womöglich bei uns nicht zugelassenen englischen medizin die es einfach so rezeptfrei per selbstbedienung bei boots zu holen gibt, dass ich samstag abend wieder munter backstage herumhamstern kann.

memoiren eines kookskonzerts: tickets gibt es keine, man versucht es bei toby, dem organisator. das glücksbärchen ist gut gelaunt wie immer, schüttelt lächelnd den kopf und sagt: intimate gig, sold out, but try at ten if you want to. katharina und maria fühlen sich verhöhnt und setzen sich traurig ins pub nebenan um einbruchspläne zu schmieden. abertausende roadies und journalisten schwer von backstage passes um sie herum sind ironisches ornat ihrer situation. drei alte bauarbeiter am nebentisch erbarmen sich ihrer und lassen hoffen aufgrund bbc connections karten ergattern zu können. die bbc connection ist wirklich wahr, der rest nicht. karten gibt es wieder keine. vollends absurd wird die situation mit kooks setlist ausdruckenden jünglingen am nebentisch, dem kooks album aus den lautsprechern und einer vermeintlichen glücks-plastik-perle aus dem klo des famous cock im büstenhalter. schlange und bouncer vor der tür der buffalo bar bedeuten einmal mehr: no chance to get in for katharina and maria, die viel viel lachen, bier trinken und innerlich schon weinen.
und dann: steht toby an der bar. einfach so. und da alle gefinkelten einbruchspläne im sand verliefen, nimmt katharina allen mut zusammen und die beine in die hand und nähert sich toby leise von hinten: sie: sorry to be a pain again, but do you reckon there is a chance to get in? er: yeah, just try at ten and if you've problems getting in, just say you're tracy and paula from rockfeedback. katharina kann kaum noch stehen als sie sich zu ihrem tisch rettet. das herz schlägt wie wild, der eintritt scheint so nah, die paranoia melden sich zur stelle. adrenalin. plötzlich ist es nach einer minute schon eine stunde später und sie versuchen ihr glück. paula and tracy from rockfeedback. und wie von zauberhand und bei ali baba weichen die bouncer zur seite. der weg ist frei. vor glück innerlich schreiend stehen die mädchen in kürzester zeit in der ersten reihe. die schwitzend stinkende menschenmasse hinter ihnen ist vergessen, das konzert ist ein einziger höhepunkt. am ende taumeln die beiden vollkommen nass geschwitzt durch das nächtliche london. den ganzen folgenden tag plagen katharina unkontrollierbare lachmuskelkontraktionen.

es geht aber auch so: justice im koko. der bass lässt unsere gehirnflüssigkeit schäumen, das militant blinkende religiöse symbol sowie das stundenlange strobe light right into our faces sorgen für langzeitschäden. der teppichboden im koko stinkt. wahrer enthusiasmus erst als es zu ende ist.

stichwort.

tag ende: zu hause.

[abrupt aber wahr]

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